Das Vikariat Tauerach, Untertauern, ist aus der gleichnamigen Ortschaft, aus den Einöden Marchl und Walchhof (vom letzteren 12 Lehen nach Radstadt gepfarrt), sammt dem Weiler Pichl (hievon wieder 10 Lehen nach Radstadt gepfarrt) gebildet und enthält in 26 Häusern 34 Wohnparteyen und gegen 195 Bewohner.
Die Ortschaft Tauerach hat seinen Namen von dem anliegenden Tauern, und der von demselben herabkommenden Ache (aqua Wasser). Sie liegt 2 1/2 St. von Radstadt, 5 von Altenmarkt und Forstau, 5 von Tweng im Lungau, die Post 2639′ über die Meeresfläche. Daß einst die Römer ihren Weg hier durch hatten, wissen wir aus der Geschichte. Nach der Einführung des Christenthums ward auch dieses Thal ein Theil der Pfarre Altenmarkt.
Die Kirche, die einzige in diesem Thale, wurde 1741 von Neuem zu bauen angefangen, und 1745 vom Erzbischofe Jakob Ernst von Liechtenstein zu Ehren des h. Joseph eingeweiht. Sie hat keine Orgel und keinen Gottesacker. Die Erwachsenen werden in Altenmarkt, die Kinder zu Radstadt begraben.
Die erste Veranlassung zur Gründung der Kirche und des Vikariates gab der bürgerliche Riemermeister Jakob Mayr in Salzburg. Er legirte 3300 fl. dafür. Sein Bruder Joseph Mayr, Stadtkaplan in Salzburg, später Dechant und Pfarrer in Teisendorf, mehrte und realisirte nebst andern Wohlthätern die Stiftung. So kam 1743 der erste Vikar hieher, der erste eigentliche Schullehrer zwischen 1803-1806. Seitdem ist es wieder der Vikar. Die Zahl der Werktags- und Wiederholungsschüler steigt selten über 20.
Das Benefizium Tauern oder auf dem Tauern erstreckt sich außer dem Beneficiatenhause nur noch auf die 2 Wirthshäuser, das eine von der höchsten Höhe (ungefähr 5420′ über dem Meere) dießseits etwas herabwärts gegen Pongau bei der Kirche, das andere jenseits gegen Lungau, Scheidberg genannt. Die Zahl der steten Einwohner dieser beiden Häuser beträgt insgemein 25. Im Sommer aber kommen zu diesen noch viel mehrere Alpleute, alle Tage die Wegmacher von beiden Seiten und mehrere oder wenigere Fuhrleute und Bauern, welche ihnen vorspannen.
Der Name Tauern kommt offenbar von dem Alten Thor oder Thaur, im Latein durum her. Hier hatten die Römer ein Quartier (mansio) für ihre Truppen.
Bald wurde die alte römische Straße über den Tauern wieder aufgesucht und benutzt. Schon 1143 kommt jenseits eine Mauth vor (vielleicht der Ursprung des heutigen Mauterndorf). 1198 trifft man auf dem Tauern bereits eine Fremdenherberge (hospitale), wie dort das Hospitium auf dem Gotthart in der Schweiz. Selbst der Staat unterstützte diese wohlthätige Anstalt. Erzbischof Eberhart wies ihr jährlich 5 1/2 Pfund Salz aus dem Tuval an. 1224 kommt daselbst auch eine Kapelle (in sumitate montis Thur.) vor. Sie wird nebst andern Kirchen unter Altenmarkt bereits 1395 St. Peter auf dem Tauern genannt. Die Kirche wurde um 1724 durch Jos. Oswald von Attems, Bischof von Lavant eingeweiht.
Merkwürdig ist das Altarblatt, Petrus im Kerker. Der Meister ist unbekannt. Vielleicht Solari der Jüngere? Vielleicht Fra Bartholomäo (del Pozzo aus Verona)?
Die erste Veranlassung zur Errichtung eines Curatbeneficiums auf dem Tauern war Jakob Pyth, Dechant und Pfarrer zu Werfen mit 4000 fl. Es kam 1721 zu Stande. Zur schnelleren Realisirung des Beneficiums stellten die beiden Wirthe das Beneficiatenhaus her (Rumpler). 1258 legte Erzbischof Ulrich hier ein Blockhaus an. Vom Fahrwege des Erzbischofes Leonhart hierüber haben wir schon gehört. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts scheint auch Johann Jakob von Khuen die Straße über den Tauern wieder gebessert zu haben. Er baute 1562 auch das Wirthshaus zur Bequemlichkeit der Reisenden auf eigene Kosten.
Die Reise über den Tauern ist höchst merkwürdig. Der Wanderer wird hier Schritt für Schritt von den erhabensten Schauspielen der Natur überrascht. Die Alpen Vorder- und Hintergnaden gewähren einen reitzenden Anblick, der das Schauerliche mildert, welches die in den Schluchten tobenden Wasserfälle einprägen.
Sehenswerth ist der oberhalb der Gnadenalpe befindliche sogenannte Johanns-Wasserfall, welcher von der Tauern-Hauptstraße nur ungefähr 100 Schritte entfernt ist, und neben der Straße durch einen Wegzeiger dem Wanderer angedeutet wird.
Zugleich ist aber auch die ganze Straßenstrecke über dieses Gebirge eine ununterbrochene Reihe von Bildern des Schreckens und des Aberglaubens. Da erinnert eine Säule an den Tod vieler Nebenmenschen, welche der Gewalt der Elemente oder den Gefahren des Weges unterlagen; dort ist eine Kluft, deren Hauch das Wetter prophezeiht. Hier zeigt man: die Freud am End’, eine kahle hohe Wand, über welche ein Liebender bey der Rückkehr von nächtlichen Freuden herabstürzte; dort liegt ein Stein, auf welchem die Fußtritte des Satans eingeprägt sind, da er vor dem Anblicke eines frommen Hirten entfloh. Auch der Botaniker findet eine reichliche Ausbeute.
Zu den merkwürdigen Bergen gehören: der Hochkeil, die Seekahrspitze, die große Wand, die Platten, der Bärnstaffel, der Strimskogel, der Geisstein und Haakopf. Vor 1819 wurde im Seekahr auf Silber und Kupfer gebaut.
Das Wappen der Gemeinde ist: “Ein zweimal geteilter Schild. Das oberste grüne Feld ist mit einem nach unten offenen silbernem Hufeisen, das mittlere silberne Feld mit den schwarzen Lapidar-Buchstaben „M.P.LVII“ und das unterste grüne Feld mit einem goldenen Posthorn mit roter und weißer Schnur und Quaste belegt.”
Untertauern ist eine alte Siedlung, die als Poststation an der wichtigen, schon zur Römerzeit existierenden Straße über den Radstädter Tauern lag. Das Hotel Lürzerhof wurde bereits im 14. Jahrhundert nachgewiesen.
Am 2. Juli 1911 erblickte der renommierte Österreichische Maler Lucas Suppin in Untertauern das Licht der Welt. Sein Vater, Georg Suppin, war zu dieser Zeit Dorflehrer.
Aus dem Herzogtum Salzburg, Typographie 1839
(Schreibweise und -art wie im Original, Quelle: Österreichische Nationalbibliothek)